Diepersdorf, 2. September 2022. Der Insolvenzverwalter des Autozulieferers BOLTA-WERKE, Volker Böhm von Schultze & Braun, hat den Geschäftsbetrieb des Unternehmens an einen strategischen Investor veräußert. Erwerber ist die Winning Group a.s., durch Ihre Tochter Winning Plastics a.s., eine auf Automotive und Hochbau spezialisierte deutsch-tschechische Unternehmensgruppe. Die Winning Group hat sowohl die den Geschäftsbetrieb der BOLTA-WERKE als auch von Bolta Bundle erworben. BOLTA-WERKE und Bolta Bundle mit Hauptsitz in Diepersdorf nahe Nürnberg unterhalten Produktionsstandorte auch in Gottmadingen (nahe Konstanz, Baden-Württemberg) und Gütersloh (Nordrhein-Westfalen), die allesamt erhalten bleiben. Volker Böhm: „Besonders freut es mich, dass wir durch den Verkauf alle Standorte und rund 850 Arbeitsplätze erhalten konnten.“ Die BOLTA-WERKE sind der größte Arbeitgeber im Nürnberger Land.
Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die Gläubiger haben der Übernahme bereits zugestimmt. Von dem Verkauf nicht umfasst sind die ausländischen Gesellschaften in Tuscaloosa (USA) und Puebla (Mexiko), die beide nicht Teil des Insolvenzverfahrens waren.
Die Übernahme markiert den erfolgreichen Abschluss eines internationalen Investorenprozesses, den Insolvenzverwalter Böhm unmittelbar nach dem Insolvenzantrag initiitert hatte. Volker Böhm: „Die Winning Group ist für BOLTA-WERKE der ideale Partner: Ein strategischer Investor mit langfristiger Perspektive und einem großen Interesse an der Weiterentwicklung der BOLTA-WERKE.“ Winning beabsichtigt die Integration der BOLTA-WERKE in die Unternehmensgruppe, konkret in die Winning Plastics Business Unit. Durch die Zusammenarbeit der Winning-Gruppengesellschaften entsteht ein hohes Synergiepotenzial. Die BOLTA-WERKE werden künftig als „Winning Plastics – Diepersdorf GmbH“ firmieren. Mit der Änderung des Firmennamens soll auch ein neues, erfolgreiches Kapitel in der Firmengeschichte aufgeschlagen werden.
Unternehmen stabilisiert und Materialversorgung gesichert
Der Verkauf der BOLTA-WERKE ist der Höhepunkt eines Insolvenzverfahrens, das von Anfang an von äußerst schwierigen Rahmenbedingungen belastet war. Zu Beginn lähmte die Corona-Krise einen Großteil der deutschen Automobil-Zuliefererindustrie, verschärft durch die Lieferengpässe bei Halbleitern. Dies wurde gefolgt von der weltweit eingeschränkten Verfügbarkeit wichtiger Produktionsmaterialien wie Metalle und Kunststoffe. Und schließlich belastete seit Februar 2022 die Ukraine-Krise das Geschäft auch bei den BOLTA-WERKEN erheblich.
Dennoch war es Insolvenzverwalter Böhm nach dem Insolvenzantrag gemeinsam mit der Geschäftsführung innerhalb kurzer Zeit gelungen, den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren und während des gesamten Insolvenzverfahrens fortzuführen. Angesichts der belasteten Ausgangslage hatte Böhm umgehend gezielte Restrukturierungsmaßnahmen umgesetzt. Dazu zählte die Realisierung kurzfristiger Einsparpotenziale und die Verbesserung der Produktivität. Weitere Maßnahmen dienten dazu, die Materialversorgung trotz weltweiter Lieferengpässe zu sichern und die Kunden der BOLTA-WERKE von einer weiteren Zusammenarbeit mit den BOLTA-WERKEN zu überzeugen.
„Einen entscheidenden Teil zum erfolgreichen Verkauf an die Winning Group hat die Belegschaft geleistet“, betonte Böhm. „Sie hat in einer für sie sehr herausfordernden Situation über mehrere Monate mit hohem Engagement weitergearbeitet. Auch Betriebsrat und IGBCE haben eine sehr konstruktive Rolle bei der Sanierung gespielt.“ Böhm hob zudem den Beitrag der Kunden hervor: „Die Kunden aus der Automobilindustrie haben das Verfahren die ganze Zeit sehr konstruktiv begleitet. Dieses zielgerichtete Zusammenspiel der Beteiligten war entscheidend, damit der Erhalt von BOLTA-WERKE gelingen konnte.“ In diesem Zusammenhang dankte der Insolvenzverwalter auch der Lokalpolitik für ihre Unterstützung. Stellvertretend für andere nannte er Landrat Armin Kroder.
Stetes Wachstum der Winning Group auf 300 Millionen Euro Umsatz
Die Winning Group mit Hauptsitz im tschechischen Brno hat sich zum Ziel gesetzt, durch organisches Wachstum und gezielte Akquisitionen ein führendes Unternehmen in der Automobil- und Baubranche zu schaffen. Die inhabergeführte Gruppe wurde 2016 gegründet und plant für das Jahr 2022 mit 14 Gruppenunternehmen einen konsolidierten Gesamtumsatz von rund 300 Millionen Euro. Winning beschäftigte vor der Übernahme der BOLTA-WERKE weltweit 2.300 Mitarbeitende. Zuletzt übernahm Winning unter anderem die deutschen Autozulieferer PWK und Räuchle.
„Wir freuen uns sehr, dass wir uns mit der Insolvenzverwaltung einigen konnten“, sagte Sebastian P. Wagner, CEO und Vorstandsvorsitzender der Winning Group a.s., „Dieser Kauf ist ein bedeutender Schritt nach vorne für die Winning Group und ihren Wachstumskurs in der Automobilbranche. Winning Plastics – Diepersdorf wird gemeinsam mit unseren bestehenden Winning Plastics Standorten große Synergien heben können und zu einem der führenden und gesunden Player im europäischen Markt der oberflächenveredelten Kunststoffteile werden. Wir danken auch den Kunden und Lieferanten für ihre anhaltende Unterstützung und Geduld und ausdrücklich der Belegschaft von Bolta für ihren Beitrag zur Unterstützung der Transaktion und Sicherstellung des Turnarounds des Betriebs. Wir sind zuversichtlich, den Betrieb, auch in den aktuell komplizierten Rahmenbedingungen, gemeinsam effektiv weiterzuentwickeln zu können und ein bedeutendes Wachstum zu schaffen.“
Die BOLTA-WERKE hatten Ende September 2021 Insolvenzantrag gestellt. Ursächlich war nach Angaben der Geschäftsführung die nach wie vor bestehende Halbleiterkrise. Als unmittelbare Konsequenz hatten einige Kunden ihre Abrufe verschoben. Dies führte bei den BOLTA-WERKEN zu einem massiven Umsatzeinbruch, der finanziell nicht aufgefangen werden konnte.
Über BOLTA-WERKE
BOLTA-WERKE entwickelt und produziert oberflächenveredelte Komponenten. Die Kunden kommen vorwiegend aus der Automobilindustrie, darunter zahlreiche Premiummarken. Zum Produktspektrum zählen Typenschilder, Zierleisten und Zierelemente, aber auch große und komplexe Bauteile, wie z.B. Kühlergrille. Das Unternehmen beschäftigt an den deutschen Standorten Diepersdorf, Gütersloh und Gottmadingen zurzeit rund 850 Arbeitnehmer. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die BOLTA-Gruppe weltweit einen Umsatz von insgesamt rund 230 Mio. Euro.
Beteiligte:
Insolvenzverwaltung BOLTA-WERKE:
Schultze & Braun:
Volker Böhm, Dr. Elske-Fehl-Weileder, Dr. Herzig (Nürnberg und Chemnitz; Insolvenzrecht), Siegfried Flogaus, Seraphim Ung Kim (beide Nürnberg; Arbeitsrecht), Dr. Michael Rozijn (Bremen; Markenrecht)
M&A
Lincoln International AG:
Jörg Brunner, Christian Gareis, Konstantin Zimmermann (alle Frankfurt/M)
Beratung Verkäufer:
Noerr:
Dr. Dorothee Prosteder, Dr. Felix Becker, Dr. Johannes Pfeiffer (alle München)
Beratung Erwerber:
Deloitte:
Dr. Dirk Hänisch (Düsseldorf; Vertragsrecht), Dr. Charlotte Sander, Claus Wilker (Hannover; Arbeitsrecht)