Die Kommunikation in Krisensituationen hat viele Gesichter. Gemeinhin wird darunter verstanden, dass der PR-Schaden infolge einer Krise durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen beherrscht, im Idealfall sogar vermieden wird. Es gibt aber auch eine andere Art der Krisenkommunikation: die vorausschauende. Damit sollen Krisen, die noch gar nicht eingetreten sind, sich aber vermutlich nicht abwenden lassen, durch präventive Schritte bekämpft werden. Was das in der Praxis bedeuten kann, zeigt ein Beispiel aus der Geldpolitik: die „Forward Guidance“.
Der wohl bekannteste Einsatz von Forward Guidance erfolgte im Kampf gegen die Nachwirkungen der Weltfinanzkrise 2007 bis 2009. Ausgehend vom US-amerikanischen Immobilienmarkt geriet bekanntlich zunächst die Finanzwirtschaft und anschließend die gesamte globale Wirtschaft ins Straucheln. Die US-amerikanische Wirtschaft drohte in eine Deflation abzurutschen. Damit wäre die Situation auch für die Notenbanken außer Kontrolle geraten.
Herkömmliche Ansätze scheiterten
Die US-amerikanische Zentralbank Federal Reserve („Fed“) versuchte, dieser Entwicklung mit Zinssenkungen entgegenzutreten, um den Markt anzukurbeln. Vergebens: Der Leitzins sank rapide auf nahezu null Prozent, dennoch blieb die Inflationsrate weit unter dem angestrebten Ziel. Grund war die skeptische Erwartungshaltung des Marktes. Dieser war durch ausstehende Zahlungen, Insolvenzen und volatile Zinssätze ein gebranntes Kind. Billiges Geld allein reichte nicht, um Investitionen anzutreiben. Die Sorge der Anleger: Zukünftige Zinserhöhungen der Notenbanken würden die Erholung ausbremsen und die Gewinne ihrer Investitionen schmelzen.
Der Fed schienen die Hände gebunden. Weitere Zinssenkungen hätten einen Zusammenbruch des Bankensystems verursacht. Trotzdem musste die Zentralbank die Finanzmärkte ankurbeln, um die Wirtschaft zu stabilisieren und somit die drohende Deflation abzuwenden.
Kommunikation als Alternative
Einen maßgeblichen Beitrag, dieser Liquiditätsfalle zu entkommen, leistete die Fed mit präventiver Krisenkommunikation. Dabei nutzte sie ein Instrument mit dem Namen „Forward Guidance“ (sinngemäß: „vorausschauendes Lenken“). Gemeint ist damit die frühzeitige Kommunikation der geplanten Zinspolitik durch die zuständige Zentralbank. Das Ziel der Fed war es, durch transparente und verbindliche Kommunikation den Markt zu beruhigen, und zwar ganz ohne die weitere Anpassung der Zinssätze.
Insbesondere bestätigte die Fed im Dezember 2008 öffentlich, dass ihre Leitzinsen noch für einige Zeit auf einem außergewöhnlich niedrigen Niveau bleiben würden. In den folgenden Jahren verpflichtete sich die Bank wiederholt, ihre expansive Geldpolitik beizubehalten. Teilweise nannte sie gar konkrete Zeiträume und Bedingungen für diese Verpflichtungen.
Hier erkennen wir einen der wichtigsten Grundsätze erfolgreicher Krisenkommunikation: Transparenz. So gewährte die Fed zum einen Einblicke in ihre Entscheidungsprozesse. Zum anderen informierte die Fed die Märkte offen über ihr weiteres Vorgehen. Diese Transparenz war und ist eine entscheidende Voraussetzung, um das Verständnis und Vertrauen der Stakeholder zu gewinnen.
Krise gebannt?
Die Strategie zahlte sich aus. Selbstverständlich war Forward Guidance nur ein Teil der Lösung – massive Anleihekäufe durch die Fed taten ihr Übriges. Doch die Zinsentwicklung der kommenden Monate zu kennen, bedeutete für die Akteure am Markt Planungssicherheit. Bei Anlegern, Banken und Unternehmen wich die Skepsis. Der Markt war bereit, wieder Investitionen zu tätigen.
Die niedrigen Leitzinsen konnten nun endlich die gewünschte inflationäre Wirkung entfalten. Die drohende Deflation war damit vorerst gebannt. Vorausschauende Krisenkommunikation hatte den Worst-Case verhindern können. Trotzdem befand sich die Fed aufgrund der schwachen Wirtschaftslage noch immer am Rand der Krise. Sie musste sicherstellen, dass es nicht zu einem erneuten Einbruch bei der Inflationsrate kam.
Hier spielte ein weiterer Grundsatz erfolgreicher Krisenkommunikation eine essenzielle Rolle: Berechenbarkeit. Denn die Fed stand zu ihrer Forward Guidance. Auf das, was sie sagte, war Verlass. Die Inflationsrate erholte sich zügig, überschritt zeitweise für mehrere Monate am Stück das Zwei-Prozent-Ziel. Doch der Leitzins blieb – wie zuvor angekündigt – bei nahe null Prozent. Der Markt behielt seinen Kurs bei, so dass auch anfänglich noch skeptische Anleger ihre Investitionen wieder aufnahmen.
Was können wir von „Forward Guidance“ lernen?
Natürlich ist das Prinzip der Forward Guidance auch in der Krisenkommunikation für Unternehmen und Organisationen nichts Neues. Auch hier sind Transparenz und Berechenbarkeit wichtige Grundsätze, um in schwierigen Zeiten das Vertrauen der eigenen Stakeholder zu sichern oder wieder zurückzugewinnen.
Zwar haben beispielsweise Unternehmen nicht das institutionelle Gewicht einer Notenbank. Dennoch ist das Prinzip dasselbe: Wenn ich frühzeitig offenlege, welche Maßnahmen ich warum ergreife, und anschließend auch Wort halte, wissen meine Lieferanten, Kunden und Geldgeber, woran sie mit mir sind und dass sie sich auf mich verlassen können. Das funktioniert aber nur, wenn ich frühzeitig tätig werde. Je länger ein Unternehmen damit wartet, eine Krise entschlossen zu bekämpfen, desto größer ist der Vertrauensverlust – und desto länger dauert es, dieses Vertrauen zurückzugewinnen.
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